Tierarztpraxis Leipzig-Lützschena

Michael Asperger, Dr. med. vet., MRCVS

Lumpy Jaw Disease (Nekrobazillose) in Kängurus

 

Lumpy Jaw Disease (LJD) ist eine verlustreiche Erkrankung bei in menschlicher Obhut gehaltenen Kängurus und zeichnet sich hier für bis zu 60 % der Todesfälle bei Makropoden verantwortlich, wobei bestimmte Arten (Rotes Riesenkänguru, Bennett`s Wallaby, Zügelstreif-Nagelschwanzkänguru) empfindlicher zu sein scheinen als andere (Parmawallaby). Es existieren aber auch Berichte über das Auftreten dieser Erkrankung bei Tieren in freier Wildbahn und sogar bei fossilen Makropoden wurden Hinweise für LJD gefunden. Bei der LJD handelt es sich um eine Osteomyelitis (Knochenentzündung) der Kieferknochen, die oft von der Maulschleimhaut oder den Alveolen ausgeht. Die erkrankten Tiere fallen durch Schwellungen im Bereich des Ober- oder Unterkiefers sowie durch erhöhten Speichel- und Tränenfluss auf, später verweigern die Tiere die Futteraufnahme.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Textfeld: Die laterale Röntgenaufnahme zeigt einen großen Weichteilschatten (↑) ventral des Unterkiefers. Die Knochenstruktur zeigt mehrere osteolytische Herde mit einer unklaren Übergangszone (↑) und einer gleichmäßigen periostalen Reaktion (↑).

Therapeutisch erweist sich LJD oft als schwer beherrschbar. Systemische Antibiotikagaben führen zwar zunächst zu einer klinischen Verbesserung, aber Rezidive kommen häufig vor. Hinzu kommt, daß die Tiere hierfür das Antibiotikum über einen längeren Zeitraum täglich oral aufnehmen bzw. injiziert bekommen müssen. Vielversprechend ist eine neuere Behandlungsmethode, bei der mit Antibiotika angereicherte Knochenzementzylinder in den betroffenen Kiefer eingesetzt werden. Die Behandlung erfolgt meist in 2 Schritten: Bei der ersten Untersuchung entnehme ich Tupferproben von der betroffenen Region für die bakteriologische Untersuchung und verschaffe mir durch Röntgenaufnahmen einen Überblick über das Ausmaß der Osteomyelitis. Anschließend  stelle ich die Knochenzementzylinder mit dem entsprechend dem Antibiogramm wirkungsvollsten Antibiotikum her, um sie in einer zweiten Behandlung dem Wallaby oder Känguru in den erkrankten Kiefer einzusetzen, wobei hierbei auch die betroffene  Knochenmarkhöhle durch 1 bis 3 kleine Bohrungen eröffnet und gespült wird. Da das Antibiotikum von den Knochenzementzylindern über einen Zeitraum von bis zu 3 Monaten direkt am Ort des Geschehens freigesetzt wird, ist nur eine kurzzeitige, operationsbegleitende Antibiotikagabe erforderlich.

Textfeld: Bennett`s Wallabies haben 32 bis 34 Zähne (I 3/1, C (1)/0, P 2/2, M 4/4), wobei der P3 den dP3 und den P2 ersetzt. Der Zeitpunkt liegt etwa zwischen der Eruption des M3 und des M4. Die Wurzel des dauerhaft wachsenden unteren I1 und die Wurzeln des P2 und dP3 sowie die Zahnanlage des sie ersetzenden P3 liegen hier räumlich eng beieinander, wodurch diese Region prädisponiert ist für die Ausbildung von Lumpy Jaw Disease. 
Textfeld: Unmittelbar nach der Oeration sind einige eingesetzte PMMA-Zylinder röntgenologisch schwach zu erkennen (links). 3 Jahre nach Extraktion des I1 und Einsetzen der PMMA-Zylinder hat das Tier  kein Rezidiv erlitten und der linke  UK ist röntgenologisch unauffällig 
Textfeld: Die Wallabies werden je nach Art und Bedarf unterschiedlich narkotisiert. Die Injektionsnarkose wird entweder direkt nach Einfangen der Tiere oder mit dem Blasrohr verabreicht. Wenn es das Operationsfeld erlaubt und eine längere, tiefe Narkose erforderlich ist, können die Wallabies auch mittels Atemmaske in der Praxis an die Inhalationsnarkose mit Isofluran angeschlossen werden.